Wie umweltschonend und fair die weit verzweigten Liefer- und Wertschöpfungsketten deutscher Unternehmen sind, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Nicht nur Kunden*innen legen immer mehr Wert auf skandalfreie Lieferanten- und Geschäftsbeziehungen, auch der Gesetzgeber schafft neue Rahmenbedingungen. Für kleine und mittelständische Unternehmen ergeben sich vor diesem Hintergrund neue Herausforderungen hinsichtlich der Erfassung, Prüfung, Verbesserung und Kommunikation der ökologischen und sozialen Verträglichkeit in den verschiedenen Stufen der eigenen Wertschöpfung.
- Lesezeit: 7 Minuten
Höre unseren Podcast zum europäischen Lieferkettengesetz: die CSDDD
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In dieser Podcast-Episode des Podcasts „Sustainability Made in Europe: A Policy Podcast on Finance, Reporting & Governance“ mit Dr. Colin Bien geht es um eine Reihe von Fragen rund um die CSDDD:
- Was ist der Anwendungsbereich der CSDDD?
- Welches sind die konfliktträchtigen Themen im Entwurf der CSDDD?
- Wie wird sich die Richtlinie auf Unternehmen in der EU und entlang der Lieferketten auswirken?
Was ist ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement und das Lieferkettengesetz?
Eine nachhaltige Lieferkette entsteht durch die Betrachtung aller Wertschöpfungen unter Einbezug von sozialen, ökologischen und ökonomischen Prämissen, sodass negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt erkannt und behoben werden können. Die Kette beginnt bei der Gewinnung der Rohstoffe und folgt dem kompletten Lebensweg eines Produktes bis zur Entsorgung dessen.
Die Diskussion über eine solche nachhaltige Lieferkette wurde durch den veröffentlichten Gesetzentwurf zu den unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten angekurbelt. Er sieht eine Verpflichtung ab dem Jahr 2023 für Unternehmen mit über 3000 Beschäftigten und später ab 1000 Beschäftigten vor, für die Einhaltung der Menschenrechte entlang ihrer Lieferketten zu sorgen. Dazu sollen u.a. Beschwerdemöglichkeiten geschaffen und eine Berichterstattung über Aktivitäten vorgenommen werden.
Ziel ist es nicht nur die Umsetzung der Menschenrechte zu fördern, sondern auch Wettbewerbsnachteile abzubauen für Unternehmen, die sich bereits freiwillig dafür engagieren.
Entdecke konkrete Maßnahmen für die nachhaltige Lieferkette
Worum es geht für KMU und wen muss ich mit einbeziehen?
Kleine und mittelständische Unternehmen sind häufig selbst Teil einer Wertschöpfungskette von größeren Geschäftspartnern und sind mitten im Prozess angeordnet. Damit richtet sich der Blick von Rohstoff-Zulieferern, über weiterverarbeitende Unternehmen bis hin zu den eigenen Abnehmern und setzt eine Zusammenarbeit mit allen Akteuren voraus.
Um einen Überblick zu bekommen, wer alles zur Lieferkette gehört, sollten zunächst die eigenen Beschaffungsprozesse des Unternehmens analysiert werden. Daraus ergeben sich die Strukturen und vorhandene Akteure, die dann auf soziale und ökologische Risiken geprüft werden können. Auf der ersten Wertschöpfungsstufe werden die unmittelbaren Zulieferer betrachtet. Anschließend sollten im nächsten Schritt auch mittelbare Lieferanten hinzugezogen werden, da diese meist näher an der Rohstoffgewinnung liegen. Wichtig ist es, folgende Fragen zu beantworten:
Was sind die vorgelagerten Lieferkettenstufen der Wertschöpfung?
Wer sind die Lieferanten − vom Direktlieferanten bis zum Rohstoffproduzenten?
Welche Aktivitäten finden in den einzelnen Stufen der Lieferkette statt?
Wo findet jeweils die Produktion/Dienstleistung statt?
Aus dieser Analyse ergibt sich ein Netzwerk aus verschiedenen Stakeholdern, Wertschöpfungsstufen, Aktivitäten und geografischen Verortungen, die mit dem Unternehmen im Zusammenhang stehen.
Vergleichsliste LkSG & CSDDD runterladen
Rechtsrahmen einer nachhaltigen Lieferkette
Der gesetzliche Rahmen zur nachhaltigen Lieferkette stützt sich auf das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten”, kurz: „Sorgfaltspflichtengesetz“. Es hat zum Ziel, Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen zu schaffen, indem verbindliche Regelung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette definiert werden. So soll mehr Gerechtigkeit für Arbeitskräfte weltweit geschaffen und Opfer von Menschenrechtsverletzungen sowie die Zivilgesellschaft gestärkt werden.
Auch, wenn Länder wie Frankreich und die Niederlande entsprechende Gesetze bereits haben, plant die EU-Kommission noch in diesem Jahr ein EU-Gesetz, das Unternehmen haftbar macht, wenn sie Menschenrechte, Umweltstandards und gute Regierungsführung verletzen oder dazu beitragen. Aktuell sieht es so aus, als wenn die europäische Gesetzgebung gegenüber der Deutschen deutlicher strenger ausfallen wird.
Vorteile des nachhaltigen Lieferkettenmanagements
Auch, wenn der Weg zu einem nachhaltigen Lieferkettenmanagement zunächst lang und aufwendig erscheint, kann er sich auszahlen. Die Vorteile reichen von der Risikominimierung bis hin zu finanziellen Optimierungschancen. Wer die gesellschaftliche Verantwortung seines Handelns in den Fokus setzt, schafft eine Unternehmenskultur, die auf langfristige Beziehungen setzt, was besonders in Krisenzeiten ein Vorteil sein kann. Darüber hinaus können durch Effizienzsteigerungen in Lieferbetrieben Liefer-, Rohstoff- und Energiekosten gesenkt werden.
Neben den Chancen sollten aber auch die Risiken entlang der Lieferkette im Blick genommen werden. Das hilft dabei, das Risikomanagement fundamental weiterzuentwickeln und auf mögliche Auswirkungen vorbereitet zu sein. Und das sind nur einige wenige von vielen Vorteilen, die ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement mit sich bringen kann.
Internationale Rahmenwerke
Die Wirtschaft von heute ist stark globalisiert und nicht selten erstrecken sich Wertschöpfungsketten über Länder und Kontinente hinaus. Da es unterschiedliche Rechtsrahmen für Menschenrechte und Arbeitsschutz gibt, wurden Rahmenwerke entwickelt, die für global agierende Unternehmen als Hilfestellung fungieren. Diese dienen als Orientierung bei der Umsetzung von Maßnahmen zur nachhaltigen Lieferkette.
UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte
Ein wichtiges Rahmenwerk sind die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Der Leitfaden sieht neben der staatlichen Schutzpflicht auch die unternehmerische Verantwortung bei den Unternehmen und macht deutlich, dass diese durch ihr Handeln positive Auswirkungen auf Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards haben können. Besonders wichtig ist die Wahrnehmung dieser Verantwortung in Ländern, wo die staatliche Schutzpflicht nicht umfassend greift, denn hier liegen ansonsten die größten Risiken für negative Auswirkungen vor.
OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen
Ein weiteres internationales Rahmenwerk sind die Leitsätze für multinationale Unternehmen von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Auch dieses Werk hat das Ziel, global agierenden Unternehmen eine Unterstützung zu geben beim Umgang mit Menschenrechten und Sorgfaltspflichten. Sie wurden von den Mitgliedsstaaten in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, Unternehmen und der Zivilgesellschaft entwickelt und basieren auf freiwilligem Engagement.
Sozialstandards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)
Beim Rahmenwerk der ILO handelt es sich um eine Sammlung von insgesamt 68 Regeln in den Bereichen Beschäftigung, Ausbildung, Arbeits- und Lebensbedingungen sowie Arbeitsbeziehungen. Die Richtlinien sind nicht nur an globale Unternehmen gerichtet, sondern auch an Regierungen und Arbeitgeber- sowie Arbeitnehmerverbände. Im Vordergrund stehen die vier Grundprinzipien der Organisation:
- Abschaffung der Zwangsarbeit,
- Beseitigung der Kinderarbeit,
- Förderung des Rechts auf Vereinigungen und Kollektivverhandlungen,
- Diskriminierungsverbot.
UN Global Compact
Ein Entwickler eines weiteren Rahmenwerks ist ggf. schon aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung bekannt: der UN Global Compact. Dabei handelt es sich um einen internationalen Zusammenschluss von Unternehmen, die sich für den Einsatz für sozial- und umweltpolitische Ziele verpflichtet haben. Ein wesentlicher Punkt bildet unter anderem die Übernahme der Verantwortung der Einhaltung der Menschenrechte entlang der Lieferkette.
Mit welchen Schritten kann ich anfangen?
Der erste Schritt in Richtung eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements ist die Analyse der Ausgangslage. Hierbei können verschiedene Instrumente genutzt werden, wie zum Beispiel die Beschaffungsmanagement-Analyse oder die Analyse von vorhandenen Standards.
“Wir haben für Euch einen Maßnahmen-Katalog zur Einführung einer nachhaltigen Lieferkette entwickelt, den Du hier findest.”
Diese Einschätzung hilft zu verstehen, wo Chancen liegen, die genutzt werden können und wo Herausforderungen entstehen. Ist diese Analyse abgeschlossen, sollte eine Strategie entwickelt werden, mit der ganz gezielt die Chancen umgesetzt und Risiken minimiert werden.
Wer sich zu diesem und anderen Themenbereichen des nachhaltigen Wirtschaftens weiterbilden möchte, dem empfehlen wir die Lernformate der Online-Academy nRole.
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